Ist die Wiedereinführung der Wehrpflicht notwendig, um rechte Umtriebe bei der Bundeswehr zu unterbinden? Neben Verteidigungsministerin Kramp-Karrenbauer äußern sich nun auch weitere Politiker.
Vor dem Hintergrund rechtsextremistischer Vorfälle in der Bundeswehr ist ein Streit über die Wiedereinführung der Wehrpflicht entbrannt. Die Wehrbeauftragte Eva Högl bezeichnete die Aussetzung der Dienstpflicht vor knapp zehn Jahren als "Riesenfehler" und rief zur Diskussion über eine Neuauflage auf. Gegenwind bekam die SPD-Politikerin für den Vorschlag von der Opposition. Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) sprach sich am Samstag gegen eine Rückkehr zur alten Wehrpflicht aus und kündigte stattdessen einen neuen Freiwilligendienst in der Bundeswehr an.
Högl stieß die Diskussion angesichts jüngst öffentlich gewordener rechtsextremistischer Vorfälle in der Truppe an. "Ich halte es für einen Riesenfehler, dass die Wehrpflicht ausgesetzt wurde", sagte sie den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Samstagsausgaben). Schon vor dieser Entscheidung habe es die Befürchtung gegeben, "dass sich Rechtsextremismus in einer Berufsarmee stärker entwickelt als in einer Wehrpflichtarmee".
Högl: "Intensiv diskutieren"
Es tue der Bundeswehr sehr gut, "wenn ein großer Teil der Gesellschaft eine Zeitlang seinen Dienst leistet", betonte Högl. "Das erschwert es auch, dass sich Rechtsextremismus in der Truppe breit macht." Darüber wolle sie im kommenden Jahr "intensiv diskutieren". Dabei solle es auch um die Frage gehen, ob Männer und Frauen gleichermaßen dienen sollten. Die Wehrpflicht in Deutschland war 2011 ausgesetzt worden.
Laut Högl reichen die Probleme in der Bundeswehr "von rechtsextremen Äußerungen bis hin zu rechtsextremen Verbindungen und Aktivitäten". Auf die Frage, ob sich eine Untergrundarmee formiere, antwortete die Wehrbeauftragte den Funke Medien: "Das wollen wir alle nicht hoffen. Wir wissen es nicht."
Verteidigungsministerin Kramp-Karrenbauer sprach sich gegen Högls Vorstoß aus. Es gehe nicht darum, die Wehrpflicht in der früheren Form wieder einzuführen, sagte Kramp-Karrenbauer bei einer virtuellen Veranstaltung der CDU. Vielmehr beschäftige sie die "Idee eines Dienstes für unsere Gesellschaft" angesichts von Populismus und Spaltungen.
Auch Merz von Vorschlag nicht überzeugt
Kramp-Karrenbauer, die auch CDU-Vorsitzende ist, kündigte für kommendes Jahr einen neuen Freiwilligendienst in der Bundeswehr an. Bei dem Dienst mit dem Titel "Dein Jahr für Deutschland" sollen junge Menschen eine sechsmonatige militärische Grundausbildung erhalten und anschließend einen sechsmonatigen Reservedienst in der Nähe ihrer Heimat absolvieren. "Dann kämen wir über eine rein theoretische Diskussion hinaus", sagte Kramp-Karrenbauer.
CDU-Vorsitzkandidat Friedrich Merz sagte den Funke-Zeitungen, es könne zwar über die Wehrpflicht oder eine allgemeine Dienstpflicht diskutiert werden. "Aber die ohne Zweifel notwendige Bekämpfung des Rechtsradikalismus reicht als Begründung dafür nicht aus."
Widerspruch erntete Högl auch von der Opposition. "Die Wehrpflicht würde der Bundeswehr sicherheitspolitisch keinen Vorteil bringen, sondern lediglich massive personelle und finanzielle Ressourcen verschlingen", kritisierte der Grünen-Sicherheitspolitiker Tobias Lindner.
Kramp-Karrenbauer widerspricht Högl
Zuspruch erhielt Högl aus der SPD. "Nächstes Jahr jährt sich die Aussetzung der Wehrpflicht zum zehnten Mal", sagte die stellvertretende Fraktionschefin Gabriela Heinrich dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (Sonntagsausgabe). "Es ist richtig, eine Debatte darüber zu führen, ob die mit der Aussetzung verbundenen Ziele auch erreicht wurden." Die SPD-Fraktion sei dabei für eine ergebnisoffene Debatte.
FDP-Fraktionsvize Stephan Thomae äußerte die Befürchtung, "dass die Wiedereinführung der Wehrpflicht nur der Türöffner für eine allgemeine Dienstpflicht werden wird". Diese wäre laut Thomae nicht mit dem Grundgesetz vereinbar.
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